Kältemittel können zur Klimaerwärmung beitragen
Schwerwiegende Kältemittel-Leckagen an Heizungs-Wärmepumpen sind zum Glück ein Ausnahmefall, so wie auch beim Kühlschrank. Trotzdem gibt es zu diesem Thema eine Vielzahl von Normen und Verordnungen.
Diese Seite nimmt deshalb Bezug auf die in Deutschland seit 1. Januar 2015 in Kraft befindliche neue EU-Richtlinie 517/2014.
Hintergrund dabei ist, dass nach Einführung von chlorfreien Kältemitteln das Thema “Ozonloch” mehr und mehr von seiner Brisanz einbüßt. Das ist gut so. Allerdings zeigte sich, dass die neuen, auf Fluor basierenden Kältemittel teilweise ganz erheblich zur Klimaerwärmung beitragen können. Manche weniger, mache umso mehr. So erwärmt 1 kg des Kältemittels R407C unser Klima so wie zirka 1,8 Tonnen Kohlendioxid (CO2).
Neu an der Prüfpflicht nach 517/2014 ist deshalb, dass sie nicht mehr nur von der abgefüllten Kältemittelmenge abhängt.
Die neue EU-Verordnung berücksichtigt nun vielmehr das Erderwärmungspotenzial GWP (GWP = global warming potential) des verwendeten Kältemittels, sowie die Bauart des sogenannten Kältekreises von der Wärmepumpe (hermetisch dicht oder nicht). So können nun auch Wärmepumpen prüfpflichtig werden, die bisher - alleine wegen der Kältemittelmenge - nicht prüfpflichtig waren (z. B. 2,9 kg Befüllmenge mit R404a).
Die aktuelle Rechtslage in der Schweiz ist hier nicht berücksichtigt.
Betrachtet werden sollen hier nur Wärmepumpen, die mit chlorfreiem Kältemittel gefüllt sind, also z. B. mit R407C, welches nur aus den chemischen Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Fluor besteht. Das Bild rechts zeigt die Befüllung einer Wärmepumpe mit diesem Kältemittel.
Wird die Leckage einer kältetechnisch gesplitteten Luftwärmepumpe (Füllmenge je nach Typ und Größe auch mehr als 10 kg) erst durch den Abfall der Heizleistung oder gar erst durch eine hohe Stromrechneung offenkundig, so kann - je nach Kältemittel und tatsächlicher Füllmenge - ein Erderwärmungsbeitrag entstehen, der einer Fahrtstrecke von 100.000 - 200.000 km mit einem Mittelklasse-Benzin-PKW entspricht. Und das ist ganz erheblich.
Es gilt also, diesen unerwünschten Beitrag zur Erderwärmung zu minimieren. Deshalb schreibt der Gesetzgeber die regelmäßige Lecküberprüfung bei Wärmepumpen vor, deren Kältemittel ein Erderwärmungspotenzial von 5 Tonnen CO2 oder mehr hat. Für Wärmepumpen mit hermetisch verschlossenem Kältekreis (verlötet, verschweißt) beginnt diese Pflicht erst ab 10 Tonnen CO2-Äquivalenz. Hintergrund hier ist, dass geschraubte Verbindungen erfahrungsgemäß ein höheres Leckagerisiko bergen als verlötete oder verschweißte Verbindungen.
Aus Sicht des Verbrauchers kommt hinzu, dass das Nachfüllen von Kältemittel Geld kostet (teilweise 50 € und mehr pro Kilogramm zuzüglich Arbeitslohn und Fahrtkosten) und dass unentdeckter Kältemittelmangel zu einem erhöhten Stromverbrauch bis hin zur Sicherheitsabschaltung der Wärmepumpe führen kann. Tritt durch das Leck nicht nur Kältemittel, sondern auch Schmieröl aus, so kann das Leck am Ende sogar zum Totalschaden am Kompressor führen. Dann wird die Reparatur “richtig” teuer.
Die CO2-Äquivalenz Ihrer Wärmepumpe berechnet sich wie folgt:
Füllmenge in kg mal Erderwärmungspotenzial des verwendeten Kältemitteltyps
= Erderwärmungspotenzial in Kilogramm CO2 bezogen auf Ihre Wärmepumpe
Das Erderwärmungspotenzial des jeweiligen Kältemittels wird auch als GWP-Faktor bezeichnet.
Beispiel OCHSNER GMLW14+ mit 9 kg R407C und hermetisch verschlossenem Kältekreis:
Der GWP-Faktor für R407C beträgt 1774.
Dann gilt:
9 x 1.774 = 15.966 kg CO2-Äquivalenz
Oder anders formuliert: Diese 9 kg R407C können bei unkontrolliertem Austritt in die Erdatmosphäre diese genauso erwärmen wie die Freisetzung von knapp 16 Tonnen CO2. Einfach nur Kältemittel nachzufüllen ist bei diesen Dimensionen sicherlich keine Option, zumal die Verluste so lange andauern, bis das Leck abgedichtet ist oder der Kompressor wegen Schmiermittelmangels einen Totalschaden erleidet.
Deshalb ist die GMLW14+ prüfpflichtig und zwar alle 12 Monate 1 mal.
Die Eigenschaft “hermetisch verschlossen” ist in diesem Fall ohne Relevanz, weil nicht nur die standardmäßige 5-Tonnen-Freigrenze, sondern auch die
10-Tonnen-Freigrenze für Wärmepumpen mit hermetisch dichtem Kältekreis überschritten wurde.
Nehmen wir an, dass die 9 kg Kältemittel im obigen Beispiel komplett durch ein Leck in die Atmosphäre entweichen. Dann könnte ein Auto, das 120 g CO2 pro km emittiert, rechnerisch rund 133.050 km fahren, um den gleichen Erderwärmungseffekt zu bewirken.Wir sehen also: Eine regelmäßige Leckageüberprüfung, bzw. Dichtheitsprüfung ist sinnvoll und deshalb auch über die Verordnung 517/2014 verbindlich vorgeschrieben.
Umgekehrt kann man für R407C in einer Wärmepumpe mit hermetisch verschlossenem Kältekreis rechnen:
10.000 / 1.774 = 5,637
und erhält damit die Aussage, dass solche hermetisch verschlossenen Wärmepumpen bis zu einer Befüllmenge von 5,63 kg Kältemittel R407C derzeit nicht prüfpflichtig sind.
Falls Sie nun für Ihre Wärmepumpe obige Rechnungen nachvollziehen wollen, so können Sie die Kältemittelfüllmenge und den Kältemittelnamen aus dem Anlagenhandbuch Ihrer Wärmepumpe entnehmen (falls nicht vorhanden, dann vom Typenschild). Den GWP-Faktor für Ihr Kältemittel können Sie beim Bundesumweltamt erfahren oder notfalls auch aus den Sicherheitsdatenblättern der einschlägigen Kältemittelhersteller.
In der Praxis ist es im Allgemeinen bei einem konkrenten Gebäude und einer gegebenen, baulich bedingten Heizlast so, dass
- große Wärmepumpe eher prüfpflichtig sind als kleine Wärmepumpen
- gesplittete Luftwärmepumpen tendenziell eher größere Kältemittel-Füllmengen enthalten nicht gesplittete Luftwärmepumpen
- Solewärmepumpen eher weniger von der Prüfpflicht tangiert sind als die größer zu diemensionierenden Luftwärmepumpen
Kleine Pflicht, aber hohe Folgekosten
Die Leckageprüfpflicht führt zu einem interessanten Argument pro Erdwärme im Vergleich zu einer Luftwärmepumpe. Vergleichen wir dazu eine Ochsner Luftwärmepumpe vom Typ GMLW14+ mit einer Ochsner Solewärmepumpe vom Typ GMSW10+S. Letztere war - trotz vergleichbarer Heizleistung - bei Redaktionsschluss nicht prüfpflichtig. Unterstellen wir, dass beide Wärmepumpen eine Lebenserwartung von 30 Jahren haben. Das bedeutet bei der Luftwärmepumpe 30 Dichtigkeitsprüfungen. Unterstellen wir, dass eine Dichtigkeitsprüfung 237 € kostet (1 Stunde Arbeit, bis 30 km Anfahrt, Preisstand Werkskundendienst 2019). Blenden wir mögliche Steuervorteile und Zinsen aus. Dann kommen wir in einer ersten Hochrechnung für die Lebensdauer der Luftwärmepumpe auf Leckage-Prüfkosten von 30 x 240 € = 7.200 €. Für dieses Geld bekommen Sie schon rund 100 Meter Erdwärmesonde! Und die Erdwärmesonde sollte eigentlich sogar deutlich länger als nur 30 Jahre funktionieren!
Fairerweise muss ich jedoch hinzufügen, dass ich derzeit keine Wette darauf abschließen würde, dass Erdwärmesonden auch in den nächsten 30 Jahren frei von einer Prüfpflicht bleiben. Gewarnt sei deshalb davor, die Kaufentscheidung zugunsten einer bestimmten Wärmepumpe ausschließlich an deren heutiger Prüfpflicht festzumachen. Auch werden immer wieder neue Kältemittel am Markt eingeführt. So startet im Spätsommer 2019 bei Ochsner eine neue, inverterbasierte Luftwärmepumpen-Generation mit der Baureihenbezeichnung "HAWK". Eine Besonderheit bei dieser Baureihe ist das bei Ochsner neu eingeführte Kältemittel R513A. Dieses ist mit einem GWP von nur noch 631 spezifiziert. Das ist etwa ein Drittel des GWP von R407C. Genaue technische Daten liegen bei Redaktionsschluss noch nicht vor, aber es ist zu vermuten, dass die HAWK-Baureihe - trotz gesplitteter Bauweise - zumindest mittelfristig nicht von einer Leckage-Prüfpflicht betroffen ist.
Meine Empfehlung:
- Berücksichtigen Sie als Kompromiss die heute absehbaren Wartungskosten für 15 Jahre, also etwa der halben Lebenserwartung für Ihre neue Wärmepumpe.
- Bevorzugen Sie, sofern Sie die Wahl haben, ein Kältemittel mit einem niedrigen, klimafreundlichen GWP, wie z. B. das R513A.
- Wechseln Sie nicht "einfach so" das Kältemittel, um Prüfkosten zu sparen, denn Ihre Wärmepumpe ist auf dasjenige Kältemittel abgestimmt, das bei der Erstbefüllung verwendet wurde. Falls ein Wechsel dennoch empfohlen wird, so lassen Sie sich garantieren, dass Sie keine Einbußen bei Leistung und Wirkungsgrad haben werden.
Nachfolgendes Bild zeigt eine freigelegte Leckstelle bei einem Verdampfer. Ob Vereisungsschaden, Unfall oder Sabotage konnte in diesem Fal nicht mehr geklärt werden: