Und nun direkt zur Frage, die meist  als nächstes gestellt wird:

"Ja kann ich mit PV-Strom auch meine Wärmepumpe betreiben ...?"

 Im Prinzip JA. Allerdings sollte man sich vor der Anschaffung einer PV-Anlage und/oder einer Wärmepumpe rechtzeitig folgende Punkte überlegen:

 

Punkt Nr. 1:  PV-Strom zusammen mit Wärmepumpen-Stromtarif ist problematisch!

Die Idee mit dem PV-Strom für den Eigenverbrauch im Einfamilienhaus basiert darauf, dass der PV-Strom zunächst in das private Haushaltsnetz eingespeist wird. Nur, was dort nicht verbraucht wird, wird zum niedrigen Einspeisepreis ins öffentliche Netz eingespeist, .

Der Wärmepumpen-Stromtarif funktioniert allerdings so, dass die Wärmepumpe für den Netzbetreiber fern-abschaltbar ans Stromnetz angeschlossen wird und einen eigenen Tarifzähler bekommt, häufig sogar noch mit 2 Zählwerken für "Tagstrom" und "Nachtstrom".  Dieser Tarifzähler für die Wärmepumpe wird meist als eigenständiger Strom-Liefervertrag geführt, d. h. völlig unabhängig von einem etwaigen Strom-Liefervertrag für den normalen Haushalt. Das hat zur Folge, dass man entscheiden muss, ob man den PV-Strom auf das Haushalts-Teilnetz oder auf das Wärmepumpen-Teilnetz anklemmen will. Klemmt man den PV-Strom am Haushalts-Teilnetz an, dann profitiert die Wärmepumpe überhaupt nicht vom PV-Strom. Vielmehr muss 100 % des Wärmepumpen-Stromverbrauchs zum Wärmepumpen-Stromtarif bezogen und bezahlt werden. Umgekehrt wird es nicht besser: Klemmt man den PV-Strom alternativ am Wärmepumpen-Teilnetz an, dann profitieren alle anderen Verbraucher außerhalt des Heizkellers  nicht vom eigenen PV-Strom. Der komplette Haushaltsstrom, egal ob für TV, Fön, Kühlschrank oder Waschmaschine muss dann weiterhin zu 100 % zum normalen Haushaltstarif vom Stromversorger gekauft werden.  Schlimmer noch: Gerade, wenn die PV-Anlage im Sommer viel Strom liefert und die Wärmepumpe kaum arbeiten muss, wird bei dieser Anschlussvariante besonders viel Strom zum Billig-Preis ins öffentliche Netz fließen.

Abhilfe von diesem Dilemma verspricht die Messmethode der "Kaskadenschaltung" mit Hife von 2 Stromzählern, was allerdings nicht von allen Netzbetreibern angeboten wird.  Merkmale der Kaskadenschaltung sind:

Die PV-Anlage und alle Stromverbraucher, die zum "normalen" Haushalt gehören, werden auf einen  offiziellen  Zähler für Bezugsstrom gelegt (1-Rchtungszähler). Etwaiger Überschussstrom aus der PV-Anlage kann zwar "rückwärts" durch diesen Zähler fließen, wird hier aber zunächst noch nicht erfasst.

Der 1-Richtungszähler ist seinerseits - zusammen mit der Wärmepumpe - an einen 2-Richtungszähler angeschlossen, wobei die Wärmepumpe - wie auch  beim normalen Wärmepumpen-Stromtarif - über einen Rundsteuerempfänger fern-abschaltbar sein muss.  Der 2-Richtungszähler ist direkt mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden. Gezahlt werden muss nun zwar auch für 2 Zähler und den Rundsteuerempfänger, aber hier profitieren Wärmepumpe UND Haushalt vom selbst erzeugten PV-Strom auf dem Dach. Nach Haushalts-Stromtarif abgerechnet werden die auf dem 1-Richtungszähler erfassten kWh, während nach Wärmepumpen-Stromtarif die bezogenen kWh auf dem 2-Richtungszähler minus die kWh auf dem 1-Richtungszähler berechnet werden. Die Vergütung des eingespeisten Stroms erfolgt über die am 2-Richtungszähler separat erfassten kWh für Einspeisestrom.

Meine Tipps: Klären Sie also rechtzeitig mit Ihrem Energieversorger, Ihrem Energieberater  und dem ausführenden Elektro-Installationsbetrieb das für Sie optimale Konzept zur Verbrauchserfassung. Beachten Sie, dass die separate Messung des Wärmepumpen-Stroms einen eigenen Zählerplatz benötigt, was gerade in Bestandsanlagen zu erheblichen Umbaukosten führen kann. Klären Sie auch den Platzbedarf für den oder die Rundsteuerempfänger. Und schließlich sollten Sie auch wachsam sein, wenn unverhältnismäßig teure Erweiterungen des Zählerschranks gefordert werden. Mitunter hat der Netzbetreiber auch ein Einsehen und akzeptiert auch eine Installationslösung, die nicht der allerneuesten Norm entspricht.

 

 

Punkt Nr. 2: Sonnenschein und Heizperiode

Im Winter, wenn die Wärmepumpe viel zu tun hat, scheint die Sonne bestenfalls  etwa 8 Stunden täglich - sofern der Himmel überhaupt wolkenfrei ist.

Hier am Bodensee kommt im Winter überdies noch der gefürchtete Bodensee-Hochnebel dazu, d. h. wenn in den Schwarzwald-Hochlagen die Sonne scheint und PV-Anlagen dort ordentlich Leistung bringen, dann liefert eine PV-Anlage hier im nebligen Konstanz bestenfalls einen Mini-Bruchteil ihrer theoretisch möglichen Maximalleistung. Wenn Sie dann mit so einer PV-Anlage wirklich heizen wollen, dann braucht es eine Modulfläche, welche jede normale Dachfläche überschreiten dürfte.

Im Frühling, Sommer und Herbst hingegen sollte zumindest die Brauchwasser-Erwärmung mit der Wärmepumpe und PV-Strom funktionieren, wobei allerdings der Energiebedarf für die Warmwasserbereitung gerne überschätzt wird. So startet unsere hauseigene 6,5-kW-Wärmepumpe (elektr. Systemleistung ca. 2 - 3 kW, je nach Heiztemperatur) nur 1 mal täglich zur Badewasser-Erwärmung und benötigt dafür nur etwa 20 bis 22 Minuten.

Trotzdem darf man das nicht als K.O.-Kriterium gegen die Photovoltaik betrachten. Schließlich gibt es in jedem modernen Haushalt eine Vielzahl elektrischer Helferlein. Hierunter fallen insbesondere Kühlschränke, Waschmaschinen, Trockner, Spülmaschinen und immer häufiger auch Computer-Gerätschaften, wie z. B. die unauffälligen DSL-Router, die 24 Stunden täglich in Betrieb sind. Und die alle profitieren natürlich in ganz erheblichem Umfang vom kostengünstigen, grünen PV-Strom.

Nachfolgendes Beispiel-Diagramm zeigt die Stromerzeugung meiner eigenen 9,6-kW-Anlage  im Verlauf eines sonnigen Tages in der zweiten Septemberhälfte.
Die Daten wurden meinem Wechselrichter unter Zuhilfenahme eines eigenen Stromzählers mit serieller Schnittstelle (Modbus) erfasst und über das SolarEdge Webportal bereit gestellt:

PV Beispiel Sonnentag September

 Auf dem Bild erkennt man:

  • Die Nacht über besteht eine Grundlast (rot), verursacht durch allerlei Netzteile, den Router und wohl auch durch Kühl- und Gefrierschrank.
  • Kurz vor 8 Uhr beginnt die nordöstliche Kollektorfläche mit der Produktion von PV-Strom (grün).
  • Die Kaffeemaschine kurz noch 9 Uhr kann fast gänzlich solar versorgt werden, dank der nordöstlichen Module.
  • Die Warmwasserbereitung mit der Wärmepumpe kurz nach 10 Uhr kann nur zu einem Drittel aus PV-Strom gedeckt werden (blauer 1-kW-Peak unter dem roten 2,8-kW-Peak, den die Wärmepumpe insgesamt verursacht).
    im Sommer hätte hier sicherlich mehr eigener PV-Strom zur Verfügung gestanden.
    Alternativ hätte man natürlich noch etwa 1/2 Stunde mit der warmen Dusche warten können, bis mehr PV-Strom bereit gestanden hätte, aber so ein Verhaltensmuster ist dann doch eher etwas für fortgeschrittene Spar-Füchse.
  • Gegen etwa 10:30 Uhr erreicht die Sonne die südwestlich ausgerichteten Module; zunächst eher seitlich mit bescheidenem Ertrag, dann aber mehr und mehr frontal einstrahlend. Jetzt fließt PV-Strom im Überfluss bis ca. 19 Uhr abends.
    Spül- und Waschmaschine laufen zwischendurch, aber können vollständig solar versorgt werden (blaue Peaks zwischen 11 und 16 Uhr)
  • Ab etwa 19 Uhr sorgen Beleuchtung und TV für eine erhöhte elektrische Grundlast im Hausnetz (rot).
    PV-Strom kommt nun keiner mehr vom Dach.
    Schade, dass diese Anlage über keine Batterie verfügt ....

Scheint also die Sonne, dann ist auch mehr als genug PV-Leistung vorhanden.

Im Winter jedoch - wenn viel Strom für die Wärmepumpe zum Heizen benötigt wird - sieht die Realität ganz  anders aus.

Nachfolgend ein Bild von einem der sonnenärmsten Tage im Jahr 2019:

PV Ertrag im Winter

Eindeutig zu erkennen sind die 4 Heizphasen, die hauptsächlich durch den Wärmepumpenbetrieb verursacht wurden.

Der PV-Etrag vom Dach fällt mit nur  5 % des Gesamtverbrauchs dagegen kaum ins Gewicht.

 

 

Punkt Nr. 3:  Automatische Steuerung ist wichtig!

Stellen Sie sich vor: Die Sonne scheint, Sie haben PV-Überschuss-Strom, aber wie bekommen Sie nun die Wärmepumpe zum Starten, zumal der Pufferspeicher und der Warmwasserspeicher gerade erst augeladen wurden?

Die Antwort lautet: Über eine entsprechende Schnittstelle, die allerdings vom Wärmepumpenherstellter bereit gestellt werden muss, denn wenn Sie selbst zu "basteln" anfangen, verlieren Sie nicht nur etwaige  Gewährleistungsansprüche, sondern Sie riskieren im schlimmsten Fall sogar die Zerstörung Ihre Wärmepumpe. Viele - aber leider nicht alle - Wärmepumpen bieten hier als Kommunikationsschnittstelle zwei sogenannte Smart-Grid-Ready-Eingänge.  Diese beiden Kontakt-Päarchen können per Signalkabel auf 2 externe Relais aufgeschaltet werden, die ihrerseits zum Energiemanager der PV-Anlage gehören. Der Energiemanager entscheidet dann selbständig - gemäß Parametrierung des PV-Anlagenbetreibers - welches Relais wann geschaltet wird.

Wer sich in der Ausbildung mit Grundlagen der Digitaltechnik beschäftigt hat, der weiß, dass man der Wärmepumpe damit 4 Schaltzustände signalisieren kann. Meist sind das "Aus",  "Normalbetrieb", "erhöhte Speicherladung" und "maximale Speicherladung".

Das heißt: Durch das Schalten von  Relaiskontakten in der PV-Anlage können Sie Ihre Wärmepumpe auffordern, Wärme auf Vorrat anzusammeln - und das mit gerade vorhandenem, billigen PV-Strom.   Die so angesammelte Wärme können Sie  später nutzen und ersparen sich dann den Kauf von teurerm Strom aus dem öffentlichen Netz.


Diese Lösung benötigt  folgende Komponenten:

  1. Einen Energiemanager, der für die PV-Anlage alle relevanten Daten sammelt und die Entscheidungen trifft (häufig als Teil des Wechselrichters implementiert)
  2. Einen Leistungsmesser (Stromzähler), der dem Energiemanager mitteilt, wieviel PV-Strom gerade ins öffentliche Netz eingespeist wird
  3. Beim SolarEdge-Wechselrichter: Ein Zigbee-Sendemodul mit Antenne, zum Aufbau einer Funkverbindung zwischen dem Energiemanager und der Relaisbox mit den Schaltrelais für die Wärmepumpe (eine Funkverbindung erspart Ihnen das Verlegen von Signalleitungen) und eine zugehörige Zigbee-Relaisbox mit mindestens 1 Relais  (je nach Hersteller auch Teil des Wechselrichters)
  4. Konfigurations-Regeln für das Aktivieren und Deaktivieren der Relaiskontake zur Wärmepumpe (zu konfigurieren im Energiemanager). Dies bewirkt z. B., dass vorbeivagabundierende Wolken nicht zu einem ein-aus-ein-aus-Betrieb der Wärmepumpe führen können.
  5. Steuereingänge an der Wärmepumpe, meist als  Smart-Grid-Ready-Schnittstelle implementiert oder - wie bei Wärmepumpen eines Herstellers aus Remscheid - als "Multifunktionseingang", der als Typ "PV" zu konfigurieren ist.

Nachfolgendes Bilder zeigt die Bauteile für ein Zigbee-Mini-Netz bestehend aus (von oben)  Antenne, Sendemodul und Empfänger-Schalter (=Relais-Box)

PV Zigbee Schalter

 

Das Ganze fuktioniert folgendermaßen: 

Nehmen wir an, als Einschaltregel wäre definiert worden "Relais Nr. 1 einschalten, so bald 1000 Watt überschüssiger PV-Strom zur Verfügung stehen - dann aber für mindestens 30 Minuten". Dann interpretiert das die Wärmepumpe bei entsprechender Verdrahtung der Signalleitungen wie folgt:  "Es ist jetzt genug eigener PV-Strom mich da. Ich kann jetzt mehr heizen, als ich eigentlich müsste!".  Es liegt dann - bis der Abschaltbefehl vom Energiemanager kommt - in der Verantwortung der Wärmepumpenelektronik, diese vom Energiemanager kommende Anforderung  bestmöglich umzusetzen. Das kann auch bedeuten, dass die Wärmepumpe selbstständig abschaltet, weil alle möglichen Wärmespeichermöglichkeiten ausgereizt sind. Je nach Wärmepumpenhersteller können Sie in der Wärmepumpensteuerung auch "Offsets" definieren und damit festlegen, um wieviele Grad die jeweiligen Wärmespeicher zu überladen sind, sofern der Energiemanager der Wärmepumpe eine Startfreigabe erteilt.

Die Konfiguration der Regel für eine Startfreigabe im Energiemanger könnte bei Ihnen etwa so aussehen (hier: Beispiel SolarEdge):

 

 Konfiguration Smart-Grid-Ready-Relais im Energiemanager / Wechselrichter

 

Die optimale Wattzahl, die zum Zwangs-Einschalten der Wärmepumpe führt,  ist für jede Anlage anders. Die Schaltschwelle muss jedoch nicht zwingend genau der Leistungsaufnahme der Wärmepumpe entsprechen. Allerdings sollte man kleinere Stromüberschüsse besser ins Netz einspeisen, denn im erzwungenen Überlade-Betrieb ist  die Effizienz der Wärmepumpe geringer als im Regelbetrieb. Wer also wegen 100 Watt Überschuss-Strom eine große Heizungs-Wärmepumpe in den Überlademodus zwangs-startet, für den wird sich garantiert kein Vorteil ergeben.

Die Nebenbedingung der minimalen Einschaltdauer in Höhe von 30 Minuten verhindert verschleißintensive Stopp-Start-Zyklen für die Wärmepumpe für den Fall, dass sich zwischendurch die Sonneneinstrahlung durch Woĺken ändern könnte.  Auch dieser Wert sollte an die Bedürfnisse der jeweiligen Heizungsanlage angepasst werden.

Das genaue Verhalten Ihrer Wärmepumpe im Hinblick auf "Smart Grid Ready" sollte in der Bedienungsanleitung des Wärmepumpen-Herstellers beschrieben sein.

 

Punkt 4:  Optimiertes Nachladen mit Bordmitteln der Wärmepumpe!

Ganz egal, ob Sie nun einen Energiemanager haben oder nicht: Die Nutzung des eigenen PV-Stroms ist eingeschränkt, wenn die Sonne endlich scheint, aber der Wärmebedarf im Haus bereits zuvor bereits unter Einsatz teuren Netzstroms von der Wärmepumpe gedeckt wurde.

So ist es in vielen Fällen ein klassischer Fehler, wenn man der Wärmepumpe frühmorgens das automatische Nachladen des Warmwasserspeichers erlaubt, obwohl im Augenblick kein weiterer Warmwasserbedarf besteht oder der Speicher gerade noch ausreichend temperiert ist. Besser ist es in der Regel, das "normale" Nachladen mit Netzstrom erst am Abend zu erlauben, wenn nicht mehr mit Erträgen aus der PV-Anlage zu rechnen ist. Der Vorteil: Entsteht im Laufe des Tages ein Überschuss an eigenem PV-Strom,  so ist im Wasserspeicher hinreichend Aufnahmekapazität für Wärme vorhanden, der mit PV-Strom gedeckt werden kann!

Hat man nun einen funktionierenden Energiemanager, so kann man die automatische Beauftragung der Wärmepumpe zum Nachladen eben diesem Energiemanager überlassen, denn dessen Freigabesignal hat für die Wärmepumpe in aller Regel Priorität über den eigenen Nachladezeitplan. Hat man keine Möglichkeit, der Wärmepumpe von außen das automatische Nachladen zu kommandieren, so besteht immerhin meist noch die Möglichkeit, innerhalb der Wärmepumpensteuerung mit Hilfe des eingebauten Planungsassistenen ein Nachladefenster in der Zeit freizuschalten, in der üblicherweise mit dem Vorhandensein überschüssugen PV-Stroms zu rechnen ist.

Ein anderer Ansatz ist, die Raumheizung der Wärmepumpe generell  1 oder 2 Stunden vor dem üblichen Leistungspeak der PV-Anlage abzuschalten. Wenn die Wärmepumpe nach so einem Zwangs-Stopp wieder startet, so hat man eine gute Chance, den Stromverbrauch dann über eigenen PV-Strom zu bedienen.

Mit intelligenten Raumthermostaten ergibt sich darüber hinaus auch die Möglichkeit, Räume 1 oder 2 Stunden vor Sonnenuntergang gezielt anzuwärmen. Diese Räume sollten natürlich ausreichend gut wärmegedämmt sein.  Besonders gut funktioniert das mit einer Fußbodenheizung mit ihrer Eigenschaft, Wärme gut speichern zu können, um sie zeitversetzt (also insbesondere nach Sonnenuntergang) abgeben zu können.

 

Punkt 5: Speicherung ist wichtig!

Will ich tagsüber eine Wärmepumpe mit vermeintlich kostenlosem Solarstrom betreiben, so funktioniert das dann besonders gut, wenn große Wärmespeicher oder ein Stromspeicher (Batterie) vorhanden sind.

Dabei ist zu beachten, dass die besten aktuellen Wärmepumpen allenfalls Vorlauftemperaturen von 75 Grad zulassen. Billigheimer-Luft-Wärmepumpen erreichen in der Regel max. 55 Grad - und das auch nur, wenn es draußen nicht allzu kalt ist. Das heißt also, dass ein ausgekühlter 1000-Liter-Puffer-Wasserspeicher im besten Fall vielleicht von 30 Grad auf rund 70 Grad hochgeheizt werden kann.

Nehmen wir mal an, Sie haben so einen Pufferspeicher und eine Wärmepumpe mit 10 kW Abgabeleistung. Dann hat diese 10-kW-Wärmepumpe das Hochheizen innerhalb von ca.   ( 1,000 x (70 - 30) x 1,16 ) / 10 = ca. 4 1/2 Stunden erledigt.

Sie haben dann in diesen  4 1/2 Stunden  rund 45 kWh Wärme erzeugt, die Sie später ohne weitere Umwandlung direkt nutzen können.

Alternativ hätte auch die Möglichkeit bestanden, zunächst den PV-Strom in einer Batterie einzuspeichern und dann später bei Bedarf eine Wärmepumpe die 45 kWh Wärme erzeugen zu lassen.

Je nach Wärmepumpe  hätten Sie dazu eine Batterie benötigt, die in der Lage wäre, ca. 11 - 12 kWh Strom für den Antrieb der Wärmepumpe bereit zu stellen. Die Umwandlungsverluste für die elektrochemische Zwischenspeicherung des Anstriebsstroms sind dabei noch zusätzlich zu berücksichtigen.

Man sieht also: Mit einer kleinen 5-kWh-Batterie oder einem kleinen 300-Liter-"Püfferlein" wird man in der Praxis nicht weit kommen.

 

Punkt 6: Modulierende Inverter-Wärmepumpen?

Derzeit am Markt eingeführt ist das relativ einfache, herstellerunabhängige Regelkonzept von "Smart Grid Ready", welches über  2 einfache Relaiskontakte die Wärmepumpe im wesentlichen auffordert, "normal" zu laufen oder auch bis an die Grenzen der Wärme-Aufnahmefähigkeit des Wärmeverteilsystems im Haus (Puffer, Estrichmassen ...). Der Vorteil dieser sehr einfachen und damit auch kostengünstigen Schnittstelle besteht darin, dass man damit nicht auf proprietäre Schnittstellen eines bestimmten Herstellers angewiesen ist. Jeder Energiemanager, der zumindest über ein einziges "Überschuss-Relais" verfügt, kann ohne tiefgreifende IT-Kenntnisse mit einer Smart-Grid-Ready-Wärmepumpe zum Zwecke der Einergieeinsparung verbunden werden. Der Nachteil dabei ist, dass dann die Wärmepumpe meist mit Nominalleistung läuft, was gerade bei kleinen PV-Anlagen im Winter dazu führen kann, dass nicht genug PV-Strom für  den Wärmepumpenbetrieb bereit steht.  Ideal ist eine Regelungsschnittstelle, bei der die PV-Anlage die Wärmepumpe stufenlos bezüglich ihrer Stromaufnahme ansteuern kann, je nachdem wie stark gerade die Sonne scheint. Machbar ist das  mit Inverter-basierten Wärmepumpen, bei denen der Hersteller eine entsprechende Schnittstelle in den technischen Unterlagen der Wärmepumpe spezifizert hat. Die Konfiguration und der Betrieb solcher Schnittstellen setzt aber in aller Regel fundierte Informatik-Kenntnisse voraus.

Deshalb meinTipp: Achten Sie beim Kauf Ihrer neuen Wärmepumpe darauf, dass diese zumindest über die Smart-Grid-Ready-Schnittstelle und große Wasserspeicher verfügt. Die Kopplung mit einer PV-Anlage ist dann im Allgemeinen recht einfach und auch wirkungsvoll.

 

Punkt 7: Kleine Brauchwasser-Wärmepumpen sind vorteilhaft!

Dem Problem der relativ hohen Aufnahmeleistung bei  Heizungswärmpumpen an einer kleinen PV-Anlage lässt sich elegant (aber nicht ganz billig) entgegenwirken, indem man die Warmwasserbereitung gezielt auf eine Kleinwärmepumpe mit typischen 500 Watt Aufnahmeleistung überträgt. Erfahrungsgemäß läuft so eine Wärmepumpe im 4-Personen-Haushalt täglich rund 4 Stunden, wodurch auch kleine PV-Anlagen bei schwacher Sonneneinstrahlung gut ausgelastet werden können, ohne dass Strom aus dem öffentlichen Netz zusätzlich bezogen werden muss. Mein persönlicher Favorit ist hier die Ochsner EUROPA MINI IWP, weil die sich auch z. B. mit einem 500-Liter-Heizungs-Pufferspeicher gut kombinieren lässt. Man ist dabei also nicht auf die meist nur 250 - 300 Liter großen Speicher bei den Standard-Brauchwasser-Wärmepumpen angewiesen. Eine andere interessante Lösung bietet Ochsner mit der EUROPA GENIUS an, weil diese auch kleinste Überschüsse an PV-Strom durch stufenlos aktivierbare Heizstäbe verwerten kann (Modbus-fähiger Smart Home Master erforderlich).

 

Punkt 8: Das Finanzamt verdient mit!

Immer wieder höre ich, dass es Sinn machen würde, den eigenen PV-Strom  über einen Heizstab zu "nutzen". Das Ganze wird dann unter dem Motto "Eigenverbrauch erhöhen" beim unbedarften Kunden angepriesen. 

Zwar ist es aus ökologischer Sicht Unfug, die aufwendig erzeugte Edelenergie "Strom" einfach so mit Wirkfaktor = 1 "abzufackeln" (der Wirkfaktor bzw. COP bei Wärmepumpen beträgt typischerweise 3,5 bis 4,5 !), aber die Sache hat aus Sicht des einzelnen Anlagenbetreibers durchaus auch Vorteile:

1.) Während man mit einer handelsüblichen Wärmepumpe  den Wärmespeicher (Puffer, Boiler ...) allerbestenfalls auf etwa 70 Grad hochheizen kann, schaffen manche E-Heizstäbe Wassertemperaturen bis nahe an den Siedepunkt.  Dadurch wird die Speicherfähigkeit des Wärmespeichers signifikant erhöht (ggf. ist ein Verbrühschutz erforderlich!)
2.) Hochwertige Heizstäbe können durch eine externe Stetig-Steuerung flexibel gedrosselt oder hochgefahren werden und zwar auf's Watt  genau auf die Leistung, die ansonsten gerade für einen Spottpreis ins öffentliche Netz rückgespeist wird. (Anm.: der oben für Wärmepumpen beschriebene Funkschalter liefert nur ein einfaches Ein-Aus-Signal über Relais-Kontakte). Näheres dazu finden Sie im Beitrag "PV und Heizstäbe".
3.) Heizstäbe können prinzipiell auch kurzfristig ein- und ausgeschaltet werden. Ein Warten auf größere Wolkenlücken, so wie bei einer Wärmepumpe angeraten, ist nicht erforderlich.
4.) Gerade bei zu knapp geplanten Erdwärmeanlagen helfen E-Heizstäbe bei der thermischen Entlastung der Erdsonde, bzw. des Erdkollektors. Sie beugen damit den gefürchteten Vereisungen und damit der Zerstörung der teuren Erdwärmesonde vor.
 
Nachfolgendes Bild zeigt einen Tag, an dem die PV-Leistung durch wechselhafte Bewölkungstarken Schwankungen ausgesetzt war.
Für eine Wärmepumpe mit ihrem Anspruch auf längere Mindestlaufzeiten und mehr als 2 kW Aufnahmeleistung wäre das ganz sicher kein idealer Tag gewesen.
Heizstäbe wären an diesem Tag sicherlich besser und verschleißärmer mit dem "flatterhaften" PV-Strom vom Dach zurecht gekommen:
 

 PV Beispiel Regentag

 

Windige Verkäufer von Hilfsmitteln zur Eigenverbrauchsoptimierung rechnen dann gerne vor:
"Kaufen Sie eine kWh Strom, dann zahlen Sie rund 40 Cent. Speisen Sie dagegen eine kWh PV-Strom ins Netz, dann bekommen Sie (Stand Ende 2019) nur 10 Cent".

So ein Vergleich weckt natürllich den Jagdinstinkt vieler Kunden und führt häufig zu dem Dogma, dass der selbst erzeugte PV-Strom möglichst weitgehend selbst verbraucht werden sollte, koste es, was es wolle.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Vielmehr muss man beachten, in wieweit man die PV-Anlage - dank Einspeisevergütung -  gewerblich nutzt. Meist wurde auch die Vorsteuer für die Errichtung der PV-Anlage vom Finanzamt "zurück geholt" und die Anlage  fleißig steuerlich abgeschrieben, um Einkommensteuer zu sparen.
Eigenverbrauch aus einer solchen PV-Anlage ist jedoch steuerpflichtig und führt zu einer nicht zu vernachlässigenden Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt! 

Beachten Sie dabei bitte auch, dass die Erträge aus PV-Anlagen mit weniger als 10 kW peak inzwischen zwar von der Einkommensteuer befreit werden können, dies aber nicht automatisch auch für die Mehrwertsteuer auf derartige Erträge gilt, sofern man mehrwertsteuerpflichtig ist. Um der Mehrwertsteuerpflicht aus Ihren PV-Erträgen zu entgehen, bedarf es des Status als "Kleinunternehmer". Genaueres zu den steuerlichen Details kann Ihnen Ihr Steuerberater sagen.

Wer sich lieber selbst mit steuerlichen Fragen rund um die eigene PV-Anlage beschäftigen möchte und auch die Steuererklärungen hierzu selbst machen möchte, dem  empfehle ich das über 220 Seiten umfassende Büchlein "Photovoltaikanlage und Blockheizkraftwerk", bei Redaktionsschluss zu dieser Seite für überschaubare 13,99 € bei steuertipps.de erhältlich:

https://www.steuertipps.de/shop/literature/photovoltaikanlage-und-blockheizkraftwerk-bhkw