Lüftung Professor Schlau   Lüftungsanlage“Atmende” Wände brauchen keine Lüftungsanlage!
Ist das wirklich so?

Der Begriff  “atmende Wände" ist in unserem "Bauchgefühl" durchweg postitiv bewertet - und das erzeugt  Missverständnisse:


Der geringfüge Gasaustausch durch  eine "atmende" Wand (pro Person sollten stündlich etwa 30 Kubikmeter getauscht werden!) wird uns nicht vor dem Ersticken retten. “Atmende” Wände haben allenfalls einen Vorteil dahingehend, dass - je nach verwendeten Baumaterialien - Feuchtigkeit durch offene Poren oder Kapillaren nach draußen wandern (=diffundieren) kann.


Aber: Solche Wände haben auch einen gewaltigen Nachteil. Diffundiert im Winter feuchte Raumluft  in so eine Wand, so kann sie auf ihrem Weg zur Gebäudeaußenseite derart abkühlen, dass es zur sogenannten Taupunktunterschreitung kommt. Brillenträger kennen das: Kommt man an einem kalten Wintertag nach Hause, so schlägt sich unter Umständen Feuchtigkeit auf der Brille nieder.


In einer Außenwand ist das fatal: Strömt ständig Feuchtigkeit von der Gebäudeinnenseite nach, so kommt es bei winterlichen Temperaturen nach einiger Zeit zur Durchfeuchtung der Wand. Bei mäßiger Durchfeuchtung kann diese im Sommer wieder abtrocknen. Fällt jedoch dauerhaft zu viel Feuchte in der Wand oder auf der Wand aus,  so kommt es zur Schimmelbildung bis hin zu Putzschäden. Bei nicht isolierten Betonwänden  haben wir den Sonderfall, dass sie aufgrund ihrer guten Wärmeleitfähigkeit im Winter wohnraumseitig besonders stark abkühlen, weshalb es hier besonders häufig  zur  Schimmelbildung kommt.

Was also tun?

Physikalisch gesehen muss man dafür sorgen, dass es nicht zur Taupunktunterschreitung kommt.
Das kann man in der Praxis wie folgt erreichen:

  • Man heizt so stark, dass die Wände so warm werden, dass der Taupunkt in ihnen nicht oder zumindest erst weiter außen in der Wand unterschritten werden kann.
    Das ist bei heutigen Energiepreisen eine sehr teure und auch unökologische Methode.
  • Wie  schon vor 100 Jahren  kann man das Fenster öffnen und die feuchte Raumluft direkt nach draußen ziehen lassen. Im Gegenzug strömt dann frische und im Winter trockene Luft von außen nach.
    Der Nachteil: Die Energie, die in der fortströmenden, warmen Abluft steckt, ist unwiederbringlich verloren und neue Energie wird  für das Aufheizen der nachgeströmten Frischluft verbraucht. In diese Kategorie fällt auch das Lüften mittels normaler Dunstabzugshauben und Abluft-Wäschetrocknern.
  • Man hindert die Feuchtigkeit daran, in die Wand einzudringen, was in der Praxis gar nicht so einfach ist, weil es  das Anbringen von wirkliche dichten Dampfsperren, wie z. B. Alufolie oder PE-Folie, erfordert.
  • Man trocknet die Luft mit Hilfe von kleinen, elektrischen Raumtrocknern
    (s. nachfolgendes Bild  mit Auffangkanister). Das hilft zwar gegen Feuchtigkeit, nicht aber gegen andere Schadstoffe in der Zimmerluft.

 

Will man jedoch nicht nur weniger Feuchte, sondern auch frische, kostenlos vorgewärmte Luft, so kann man das heute Bestmögliche tun und eine elektrische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG) benutzen.
Diese reduziert im Winter nicht nur eine zu hohe Raumfeuchte, sondern gewinnt auch die in der verbrauchten Abluft enthaltene Energie zu einem Großteil zurück. Dies geschieht,  indem die  gleichzeitig einströmende Frischluft über einen oder mehrere Wärmetauscher vorgewärmt wird.

Das nachfolgende Bild zeigt exemplarisch eine zentrale Lüftungsanlage mit abgenommener Frontplatte. Ein solches Zentralgerät kann über entsprechende Schläuche oder Rohre ein ganzes Einfamilienhaus oder auch eine einzelne Wohnung mit Frischluft versorgen.

Der rote Zickzackpfeil zeigt den Weg der Abluft, und der blaue Zickzackpfeil zeigt den Weg der frischen Zuluft. In der Mitte sieht man die 2 eigebauten Wärmetauscher aus Aluminium:

 geöffnete Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung WRG

 

Die Wärmerückgewinnung sieht dann z. B. so aus:   Bei einer Raumluft von 20°C und einer Außenluft von 0°C hat die entretende, vorgewärmte Frischluft eine Temperatur von etwa 18°C.  Der Wirkungsgrad liegt also bei etwa 90 % (18 Grad Gewinn von theoretisch möglichen 20 Grad). Das ist ein typischer Wert für zentrale Lüftungsgeräte.

Das hier gezeigte Modell war zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits 28 Jahre in Betrieb (täglich jeweils mehrere Stunden). In der hier gezeigten Größe eignet es sich sich für ein normales Einfamilienhaus.  Die Luft wird dabei in entsprechend dimensionierten Rohren geführt, ähnlich wie bei einer Dunstabzugshaube.

Modernere Anlagen zeigen die Energie-Rückgewinnung auf einem Display an. Nachfolgend meldet so ein Display an einem typischen Herbsttag, dass 8 Grad kalte Außenluft auf 21 Grad warme, frische Zuluft erwärmt wird. Die Wärme wird dabei der 23 Grad warmen Abluft entzogen, die sich dabei auf dem Weg nach draußen auf 12 Grad abkühlt:

 

Hinweis für alle die, die sich jetzt darüber wundern, weshalb wir zwar 13 Grad Erwärmung, aber nur 11 Grad Abkühlung angezeigt bekommen: Erstens gibt es eine Messungenauigkeit von +/- 1 Grad und zweitens ist im Beispielfall der Abluftstrom etwas stärker eingestellt: 

Neben den zentralen Lüftungsgeräten, die für Einfamilienhäuser etwa die Größe eines Mörtelkübels haben,  gibt es auch kleinere, dezentrale Modelle, die unmittelbar in die Außenwand des jeweiligen Raums eingebaut werden. Bauherren schätzen bei solchen Wandgeräten vor allem, dass keine Lüftungsrohre verlegt werden müssen.  Allerdings beträgt der Wirkungsgrad bei den kleinen Wandgeräten typischerweise nur um die 70 % und man braucht im Allgemeinen mehrere dieser Geräte, um eine Wohnung zu belüften.

Ein großer Vorteil  einer elektrischen Lüftungsanlage ist, dass sie sich vollautomatisch an den tatsächlichen Lüftungsbedarf anpassen kann.

Dies geschieht in der Regel mit Feuchtefühlern, die gerade in Badezimmern und Küchen sehr schnell auf überhöhte Feuchtewerte reagieren und dann die Motoren in der Lüftungsanlage so lange schneller drehen lassen, bis die Feuchte nach draußen weggelüftet ist. Das nachfolgende Bild zeigt so einen Fühler mit manuell einstellbarem Schalt-Schwellwert:

 

Feuchtefühler mit manuell einstellbarem Schaltpunkt

 

 

Tipps zum Feuchtefühler:

  • Sie sollten sich zumindest 1 Feuchtefühler im Bad gönnen. Das erspart Ihnen zumindest das tägliche manuelle Hoch-und-Runterregeln der Anlage vor und nach dem Baden oder Duschen. Er schützt dabei auch davor, dass das temporäre Hochregeln oder auch das Zurückstellen vergessen wird.
  • Das Trocknen von Wäsche im Winter in einer Wohnung kann zur Schimmelbildung führen. Ein Feuchtefühler kann jedoch erkennen, wenn in seiner Umgebung Wäsche getrocknet wird und regelt dann automatisch die Anlage hoch.
  • Machen Sie sich auch damit vertraut, dass im Sommer deutliche höhere Feuchtewerte normal sind als im Winter. Je nachdem, wie schlau die Regelelektronik Ihrer Lüftungsanlage ist, kann es im Einzelfall Sinn machen, den Feuchtefühler in der warmen Jahreszeit manuell zu deaktivieren und im Herbst wieder zu aktivieren.
  • 40 % relative Raumfeuchte sind im Winter in einer automatisch belüfteten Wohnung durchaus normal. Feuchtere Luft nützt nicht zwingend Ihren "trockenen" Augen, dafür aber den Hausstaubmilben.

Wer höhere Ansprüche an den Komfort hat, der kann inzwischen auch auf bezahlbare CO2-Fühler oder VOC-Fühler zurückgreifen. Letzterer kann schlechte Gerüchte erkennen, die weder mit zu hoher Feuchte, noch mit zu hohem CO2-Gehalt einhergehen.

 

 

Eine ganz andere Form der Lüftung lässt sich mit Hilfe einer Wärmepumpe realisieren.

Nachfolgendes Beispiel aus dem OCHSNER-Prospekt  zeigt den Anwendungsfall einer Warmwasserbereitung mit Hilfe einer kleinen Luftwärmepumpe aus der Europa-Serie. Die Luftwärmepumpe ist hier im Beispielbild oben auf einen Wasserspeicher montiert, bzw. integriert. Sie nutzt die Energie, die in der verbrauchten Wohnungsluft enthalten ist. Bei einer "normalen" Abluftanlage oder bei Fensterlüftung  wäre diese Wärme verloren.  Anders jedoch mit der Wärmepumpe: Diese saugt pro Stunde bis zu 500 Kubikmeter verbrauchte Luft aus Küche, Bad oder anderen Räumen an, kühlt sie ab und bläst sie anschließend nach draußen. Das entspricht der Lüftungsleistung einer sehr kräftigen Dunstabzugshaube im privaten Wohnungsbereich. 

Lüftungsschema Kleinwärmepumpe Europa

Je nach baulicher Situation kann die so zurückgewonnene Wärme auch zur Heizungsunterstützung genutzt werden.

Bitte beachten Sie bei dieser Lösung:

  • Sie ist auf die effiziente Erzeugung von Warmwasser optimiert!
    Die Lüftung ist hier nur ein willkommener, "kostenloser"  Zusatznutzen, aber immer noch besser als gar keine Lüftung.  Letztendlich bestimmt hier der Warmwasserverbrauch die Menge des Luftaustauschs - und nicht die Messung eines Feuchtefühlers oder eines CO2-Sensors.
  • Die Haupt-Verrohrung unmittelbar an der Wärmepumpe erfolgt mit Wickelfalzrohren DN160 (= 160 mm Durchmesser) Stichleitungen können natürlich auch auf DN100  reduziert werden.
  • Schalldämpfer in den Lüftungsrohren, sowie etwaige Brandschutzventile müssen fallweise geplant werden.
  • Typischerweise werden der Abluft nur ca. 6 Grad entzogen. Eine handelsübliche Lüftungsanlage kann der Abluft wesentlich mehr Wärme nutzbringend eintziehen.
  • Selbst bei raumluftunabhängigen Feuerstätten sollten sie deren gleichzeitigen Betrieb mit dem Schornsteinfeger verbindlich abklären


Fazit: Es gibt viele interessante Möglichkeiten, Energie beim Lüften einzusparen und trotzdem frische Luft und schimmelfreie Wände genießen zu können. Lassen Sie sich einfach beraten!

 

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